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Epiphanie = Erscheinung des Herrn

von P. Alexander Holzbach SAC, Limburg

 

Der heilige Vinzenz Pallotti gestaltete das Epiphanie-Fest in besonderer Weise. Acht Tage lang gab es Gottesdienste in lateinischen und orientalischen Riten, Predigten in mehreren Sprachen, großartige Eröffnungs- und Schlussfeiern. Die Feiern boten dem Heiligen die Gelegenheit, seine Idee darzustellen und so zu feiern, dass Menschen begeistert wurden.

Heutzutage wird das Epiphaniefest von der Gründung Vinzenz Pallottis, der Vereinigung des Katholischen Apostolates (Unio) auf unterschiedliche Weise begannen. Im Rahmen eines Triduums zur Vorbereitung auf das Fest 2010 in Limburg predigte P. Alexander Holzbach in der Annakirche, Limburg.

 

Wir müssen heute Abend nicht zuerst nach Bethlehem gehen, sondern nach Damaskus. Hier wird Saulus zum Paulus. Hier erfasst ihn das Christusgeheimnis und er wird zum Völkerapostel. Was wäre das Christentum ohne ihn? Dieser Mann überschreitet in einem Epiphanie-Ereignis eine eigentlich undurchlässige Grenze. Denn der, den er verfolgt hat, den predigt er nun. Und zwar bei Menschen, denen er es vorher abgesprochen hätte, mit Gott überhaupt in Kontakt treten zu können. Das Volk Israel weiß sich als auserwähltes Volk. Ihm allein ist das Heil verheißen. Ihm allein?

 

Immer schon gab es in Israel die Meinung, dass Gott ein Gott aller Menschen ist, Licht aller Völker. Doch das bleibt Einzelmeinung und hat kaum Auswirkung auf das Bewusstsein. Paulus schreibt nun der Gemeinde nach Ephesus von einer persönlichen Offenbarung. Und die Fachleute verweisen auf Damaskus. Dort hat er nicht allein Christus erkannt, als Gott anerkannt. Paulus erkennt auch, dass dieser Christus für alle Menschen gestorben ist. Also auch für die so genannten Heiden. Auch ihnen ist der Zugang zu Gottes Heil eröffnet. Wir heute können uns das Revolutionäre dieser Erkenntnis und dieser Verkündigung nicht mehr vorstellen. – Obschon der Gedanke im Judentum immer schon latent vorhanden war. Man denke an den Propheten Sacharja, der im achten Kapitel über die Zeit der Rettung, die messianische Zeit spricht (8,24): „So spricht der Herr der Heere: In jenen Tagen werden zehn Männer aus Völkern aller Sprachen einen Mann aus Juda an seinem Gewand fassen, ihn festhalten und sagen: Wir wollen mit euch gehen; denn wir haben gehört: Gott ist mit euch.“ Paulus nimmt sich dieser Menschen „außerhalb“ des Judentums an und bringt sie zu Christus.

 

Matthäus ist nicht so direkt und so ungestüm wie Paulus. Er schreibt sein Evangelium für Christen, die aus dem Judentum kommen und die sich zunächst keine Gemeinsamkeit mit Heiden vorstellen können. Ihnen gilt seine Botschaft, dass sich das göttliche Kind in den Sterndeutern den Heidenvölkern offenbart. Christus ist der Messias, das Licht aller Völker.

 

Die Kirche hat immer gerade diesen Aspekt des 6. Januar hoch gehalten. Darum heißt der Tag auch nur im Volksmund Dreikönigstag. Die Kirche spricht von Erscheinung des Herrn. Epiphanie in Bethlehem. Epiphanie in Damaskus. Christus erschließt sich den Menschen. Verändert sie. Schenkt Heil.

 

Achtzehnhundert Jahre später. Vinzenz Pallotti ist 40 Jahre alt. Heute würden wir sagen: Lebensmitte – er aber hatte nur noch fünfzehn sehr gefüllte Jahre. Er wird Spiritual im Propagandakolleg und erlebt etwas, das seiner Theologie, seinem Denken und Wünschen ungemein entgegenkommt. Im Kolleg feiern die Studenten aus aller Herrn Länder in der Epiphanieoktav bunteste Liturgien in allen Sprachen der mit Rom unierten Riten. Reden und Gedichte werden in verschiedensten Sprachen vorgetragen. Hinter den Mauern des Kollegs erlebt Abbate Pallotti begeistert, dass Kirche nicht Ortskirche ist, sondern Weltkirche. Und dass Kirche lebendig sein muss, will sie denn Ausstrahlung haben, soll ihre Mission gelingen.

 

Und ab 1836 bis 1969 wird mit Ausnahme des Revolutionsjahres 1849 die Vereinigung des Katholischen Apostolates die Epiphanieoktav prächtig feiern. Das wurde im katholischen Rom ein Event. Nicht um des Eventes willen. Pallotti nutzte diesen als Brücke, die Herzen zu erreichen, neues Interesse am Glauben zu wecken, Kirche zu verlebendigen, missionarisches Bewusstsein zu entwickeln. Heute würde man vielleicht sagen: „Bereitschaft zur Bewegung!“

 

Wir dürfen uns nichts vormachen. Damals gab es in Rom viel Gleichgültigkeit und Desinteresse, auch bissige Ablehnung und blanken Unglauben... Darunter litt ein Priester wie Vinzenz Pallotti. Durch seine Arbeit unter der internationalen Studentenschaft wusste er um die Heiden in aller Welt und er erlebte die Neu-Heiden, die Fast-Heiden, die Fernstehenden, die Gleichgültigen vor seiner Haustüre. Das ließ ihm keine Ruhe. – Warum? Weil er der Überzeugung war, dass ohne Christus kein erfülltes Leben möglich ist, dass es ohne Christus kein Heil, kein ewiges Heil gibt. Von gleicher Überzeugung waren die Frauen und Männer, die hier von Limburg aus als Pallottinerinnen und Pallottiner z. B. nach Kamerun gingen. Die als so genannte Volksmissionare wirkten und als Kindergärtenrinnen und Krankenschwestern. Es ging immer darum, anderen Menschen Christusbegegnung zu ermöglichen. Etwas erhaben ausgedrückt: Ein Epiphaniegeschehen zu initiieren. In Menschen die Erkenntnis wachsen zu lassen: Mit Christus bin ich reicher. In Ihm finde ich mein Heil.

 

Und da stehen wir heute vor einem riesigen Problem. Innerkirchlich und außerkirchlich. Innerkirchlich haben wir viel mit uns selbst zu tun. Wir „Ordenleute“ sind alt geworden und verbrauchen viel Kraft für unseren Alltag und für den Rückbau auf das Maß, was wir noch vertragen. Die Gemeinden sind alt geworden. Viel Kraft geht auch da in den Umbau und Rückbau. Wir beginnen das zweite Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Was kann da Kirche noch bewegen?

 

Wir haben auch nicht mehr das Bewusstsein wie das Volk Israel, wie ein Paulus und seine jungen Gemeinden, wie ein Vinzenz Pallotti und seine Leute in der Vereinigung des Katholischen Apostolates. Wir sagen nicht: Wir sind etwas Besonderes, wir haben etwas Besonderes, das müssen wir hüten bzw. anderen mitteilen. Wenn vielfach gesagt wird, das Christentum sei müde geworden, dann glaube ich das nicht. Es geschieht ja trotz allem viel. Wir sind aber irgendwie eingeebnet in die vielen Multikulti-Angebote unserer Zeit. Ich sage jetzt was Gefährliches: Wir leben oft so, als sei unsere Botschaft eine unter anderen und nicht die Botschaft schlechthin.

 

Ich sprach von einem riesigen Problem. Innerkirchlich. Aber auch außerkirchlich. Die Leute, die wir für Christus gewinnen sollen/wollen, sagen: Wieso? Ich bin auch ganz zufrieden ohne ihn. Mir geht es gut. Und was heißt ewiges Heil? Wenn es einen Himmel gibt, kommen sowieso alle rein. Und wenn nicht? Hier auf Erden muss man anständig leben, dann ist man zufrieden. Unsere Zeit kennt den zufriedenen Unglauben. Kennt langsam wieder den stichelnden und auch kämpferischen Atheismus. Da keimt auch Kirchenfeindschaft. Und dann die vielen Stimmen: Es ist gut, dass es die Kirchen gibt und dass es gläubige Menschen gibt. Aber mich interessiert das nicht. Ich brauche das nicht. Diese Menschen interessiert überhaupt nicht, dass sie Geschöpfe Gottes sind und dass Gott sie liebt. Wie kann man ihnen das nahe bringen?

 

Übermorgen feiern wir „Erscheinung des Herrn“. Wir freuen uns auf die drei Könige in der Krippe. Wir freuen uns auf Gebete und Lieder. Wir sind stolz, dass immer noch so viele Kinder als Sternsinger durch die Lande ziehen und viel Geld zusammen bringen für Kinder in Artmut und Not. Diese Aktion bringt die Rede vom Bethlehem auch in die Medien und in Bereiche, in denen es keine christliche Spur gibt. Aber was ist das Eigentliche dieses Festes?

 

Dass Gott seinen Geschöpfen „erschienen“ ist. Sich von ihnen erkennen lässt. Dass er sagt: ich bin der Vater nicht einiger, sondern aller. Ich lasse meine Welt nicht allein, auch wenn es manchmal so scheinen mag.

 

Die Feier der „Erscheinung des Herrn“ muss für uns, die wir gläubig sind, ein Fest der Vergewisserung sein. Dass unser Glaube neue Sicherheit gewinnt. Dass wir ganz selbstverständlich unseren Glauben leben können, darüber reden können. Dass wir darum als Menschen der Zuversicht und der Hoffnung erlebt werden. Dass Menschen des zweiten Jahrzehnts des 21.Jahrhunderts, wenn ihnen denn Fragen kommen, wissen, wen sie fragen können. Dass wir wie Paulus bereit sind zu Treue und Bewegung zugleich. Dass vielleicht auch mal jemand über uns schreibt: In jenen Tagen kamen Leute ganz verschiedener Couleur und fassten die Frauen und Männer der pallottinischen Familie, fassten Christinnen und Christen aus Limburg an ihren Gewändern und sagten: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört: Ihr wisst was von Gott. Mehr noch: Man sagt. Gott sei mit euch!

 

 

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