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Gott in allem und immer finden

von P. Herbert Federspiel SAC, Limburg

 

Eine alte Legende erzählt: "Es waren einmal zwei Mönche, die lasen miteinander in einem alten Buch, am Ende der Welt gäbe es einen Ort, an dem Himmel und Erde sich berührten und das Reich Gottes begänne. Sie beschlossen, ihn zu suchen und nicht umzukehren, ehe sie ihn gefunden hätten. Sie durchwanderten die Welt, bestanden unzählige Gefahren, erlitten alle Entbehrungen, die eine Wanderung durch die ganze Welt fordert, und alle Versuchungen, die einen Menschen von seinem Ziel abbringen können. Eine Tür sei dort, so hatten sie gelesen. Man brauchte nur anzuklopfen und befinde sich im Reich Gottes.

 

Schließlich fanden sie, was sie suchten. Sie klopften an die Tür, bebenden Herzens sahen sie, wie sie sich öffnete. Und als sie eintraten, standen sie zu Hause in ihrer Klosterzelle und sahen sich gegenseitig an. Da begriffen sie: Der Ort, an dem das Reich Gottes beginnt, befindet sich auf der Erde, an der Stelle, die Gott uns zugewiesen hat."

 

Der Ort, an dem das Reich Gottes beginnt, befindet sich auf der Erde, an der Stelle, die Gott uns zugewiesen hat. – Der Ort der Gottesbegegnung ist der Ort, an dem wir leben und arbeiten. Leider gibt es – bewusst oder unbewusst – eine Einteilung mit verheerenden Folgen: die Einteilung in eine Welt Gottes und eine weltliche Welt.

 

Die Welt Gottes, das ist: Liturgie, Sakramente, Kirche, persönliches Gebet, Gebet in der Familie oder in der Gemeinschaft, Kloster... Die weltliche Welt, das ist: Industrie, Geschäfte, Gewerbegebiete, Stadt, Straßenverkehr, Berufs- und Arbeitswelt, Medien... Für viele Christen kommt Gott in dieser "weltlichen" Welt nicht vor. Und in ihrem Bewusstsein ist es damit eine gottlose Welt.

Mir scheint, dass nur wenige Christen Gott in dieser "weltlichen" Welt suchen:

... im Kaufhaus: "auch hier bist du" ... in der Gaststätte: "auch hier" ... am Arbeitsplatz, in der Schule: "auch hier bist du" ... in einer belebten Straße ... im Gewerbe- oder Industriegebiet ... im Supermarkt ... im Stall, auf dem Feld: "auch hier bist du, Gott".

 

Wenn Gott in all diesen Bereichen – nach dem Bewusstsein – nicht mehr vorkommt, wenn er damit nichts zu tun hat, dann hat das oft zur Folge, dass die Menschen sich von Gott verabschieden, weil er mit ihrem konkreten Leben, mit ihrem Lebens- und Arbeitsbereich, mit ihren Beziehungen nicht zu tun hat.

 

Es bedarf einer großen Mühe, einer Einübung, Gott in allem zu suchen und zu finden. Vinzenz Pallotti kann uns dabei ein Wegweiser sein. Er hat sich selbst sehr darum bemüht, sich die Gegenwart Gottes überall bewusst zu machen.

 

So schrieb er zum Beispiel oben auf seine Briefe oft die beiden Buchstaben "D.A." für das lateinische "Deus adest" ="„Gott ist da". Wenn er in sein Zimmer kam, machte er eine Kniebeuge, um sich daran zu erinnern, dass Gott überall, auch hier an diesem Ort, in seinem Zimmer ist. Man sah ihn oft mit dem Hut in der Hand durch die Straßen Roms gehen, aus Ehrfrucht vor dem gegenwärtigen Gott. Und auf seinen Wegen durch die Stadt betete er viel. Einer seiner Gefährten, Paul de Geslin, beobachtete, wie er beim Essen und Trinken nur kleine Stückchen und Schlückchen zu sich nahm. Als er ihn darauf ansprach, antwortete Vinzenz Pallotti, das Essen sei für ihn "eine Art Kommunion mit der Macht und Güte und Vorstehung Gottes ... Da ich nun bei meiner Schwachheit allzu geneigt bin, diese Dinge zu vergessen, teile ich meine Brotstücke ein und versuche so, meinem armen Gedächtnis nachzuhelfen und mich daran zu erinnern, dass ich bei jedem Krumen Brot und bei jedem Tropfen Wasser an der unendlichen Weisheit, Macht und Liebe meines Gottes kommuniziere."

 

"Meinem armen Gedächtnis nachhelfen"! Unser armes Gedächtnis vergisst leicht den von Gott selbst geoffenbarten Namen am brennenden Dornbusch: Jahwe – "Ich bin da". Ein wunderbarer Gottesname, der sagt: "Ich bin an allen Orten dieser Welt ... in jedem Lebensbereich ... in jeder Lebenssituation: Ich bin da!" Paulus drückt diese Wirklichkeit so aus: "In IHM leben wir, bewegen wir uns und sind wir." (Apg 17,28)

 

Wie nah ist uns Gott! Unser armes Gedächtnis vergisst das leicht und braucht Nachhilfe. Vinzenz Pallottis gibt uns diese Nachhilfe, einmal durch sein Beispiel, wie er sich die Gegenwart Gottes überall bewusst gemacht hat, dann aber auch durch sein bekanntes, ermutigendes Wort: "Sucht Gott, und ihr werdet ihn finden. Sucht Gott in allen Dingen, und ihr werden ihn in allem finden. Sucht ihn immer, und ihr werdet ihn immer finden."

 

 

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