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Weihnachten in der Darstellenden Kunst

Bei Vielen von uns ist die bildhafte Vorstellung der Geburt Christi von den Krippen in der eigenen Familie oder von bekannten Weihnachtsbildern geprägt. Das Weihnachtsgeschehen von der Geburt, der Anbetung der Hirten und der Magier bis hin zur Darbringung im Tempel war schon früh ein Thema in der Kunst, allerdings hat sich die Form der Darstellung im Laufe der Jahrhunderte stark gewandelt. An den Adventssonntagen in diesem Jahr werden anhand einzelner Bildwerke Einblicke in die unterschiedliche Ausgestaltung der Weihnachtsszenen in den verschiedenen Kunstepochen gegeben. Den Kunstschaffenden zu allen Zeiten war neben ihrer künstlerischen Arbeit auch die Verkündigung sehr wesentlich. Religiöse Bilder wollen zu Betrachtung und Meditation einladen und vielleicht eröffnen auch uns die Werke eine neue Sichtweise. Daher die herzliche Einladung, das Kommen des Herrn mit großen Künstlern vergangener Zeiten zu erwarten. weiter...

Die Frühchristliche Kunst

Entwicklung im Westen

Bis zu den uns heute bekannten Darstellungen der Weihnachtsszenen gab es eine lange Entwicklung und in diesem ersten Teil soll es um die Anfänge der christlichen Kunst gehen. Vor dem Jahr 313 in dem Kaiser Konstantin mit dem Edikt von Mailand das Christentum als gleichberechtigte Religion anerkannte, beschränkte sich die Kunst auf Wandmalereien vor allem in den römischen Katakomben und auf die Gestaltung von Sarkophagen und kleinen Gegenständen für den liturgischen Gebrauch. Leider sind nur sehr wenige Kunstwerke aus dem Frühchristentum erhalten, aber wir können doch nachvollziehen, welche Themenschwerpunkte in den Darstellungen gesetzt wurden.

 

Die frühesten frühesten bildhaften Darstellungen des Weihnachtsgeschehens finden sich im Bereich der Sepulkralkunst (lat. sepulcrum = Grab, Grablege). Aus dem Jahr 200 n. Chr. stammt eine Malerei in einer römischen Katakombe, die die Anbetung der Magier zeigt. Und sehr häufig wurden Szenen, die zum Weihnachtsgeschehen gehören, auf Sarkophagen abgebildet.

 

Es ist auffällig, dass Maria und Joseph oft gar nicht abgebildet sind. In diesen frühen Kunstwerken sind zumeist drei Bildelemente vorhanden: Das Jesuskind in der Krippe, Ochs und Esel und die Hirten.

 

Die älteste erhaltene Darstellung der Geburt Christi zeigt ein Sarkophag von 320/25. Hier wird die Krippe von einem Tuch bedeckt und es scheint so, als liege das Jesuskind auf einem Altar. Dieses Motiv findet sich sehr häufig in den Darstellungen bis zum 6. Jahrhundert. Die Verbindung Krippe-Altar lässt sich durch frühe Texte verstehen, die eine Verbindung von der Menschwerdung Christi zur Eucharistie ziehen, Christus das „lebendige Brot“. Die Menschwerdung Christi erhält sakramentalen Charakter, tradiert durch die Kunst.

 

Die Kunst des Frühchristentums hat sich also nicht wörtlich an die Evangelientexte gehalten. Die Darstellung von Ochs und Esel, die sich auf Jesaja bezieht, ist hierfür ein Beispiel. „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn.“ (Jes 1, 3)

 

Das die Hirten so bedeutend waren, erscheint angesichts der Situation der jungen Kirche sehr stimmig. Die Hirten waren die ersten Menschen, denen die Botschaft von der Geburt des Erlösers verkündet wurde und die Christen der ersten Jahrhunderte verkündeten diese Botschaft weiter und gewannen viele neue Gemeindemitglieder.

 

Ab dem 4. Jahrhundert wird der Stall abgebildet. Und seit etwa 340 wird die Darstellung der Geburt Christi häufig mit der Szene der Magieranbetung verknüpft. Nun werden auch Maria und Josef meist gezeigt, jedoch erscheinen sie zuerst häufig nur am Bildrand und sind noch nicht aktiv in die Szene einbezogen.

 

 

Der Sarkophag des Paares Adelphia und Valerius zeigt oben rechts am Deckel drei Magier, die zum Kind kommen, das auf einer altarförmigen Krippe liegt. Flankiert wird die Krippe von Ochs und Esel auf der linken und Josef und Maria auf der rechten Seite.

 

Eine Betonung der Stellung Mariens als Gottesmutter lässt sich seit dem Ende des 4. Jahrhunderts aufzeigen. Das Konzil von Ephesos (431 n. Chr.) stellt Maria als Gottesgebärerin heraus und seither gehört sie wesentlich zu den Darstellungen des Weihnachtsgeschehens und wird nun häufig thronend neben der Krippe dargestellt.

 

In der westlichen Kunst ist ab dem 5. Jahrhundert eine Trennung der Geburt und der Magieranbetung festzustellen. Es beginnt die Aufteilung der einzelnen erzählten Szenen um die Geburt in einen Bilderzyklus und in diese Entwicklung passt sich ein, dass nun auch Joseph abgebildet wird, oft durch eine Säge als Zimmermann gekennzeichnet.

 

Eine farbenprächtiges Mosaik in der Kirche Sant‘ Apollinare Nuovo in Ravenna bildet die Magier ab, die auf dem Weg zur Krippe sind. Sant‘ Appollinare Nuovo wurde Ende des 5. Jahrhunderts geweiht und die Mosaiken stammen aus dem 6. Jahrhundert. Diese zeigen Szenen aus dem Leben Christi und darunter auch die drei Weisen mit ihren Gaben. Über den Personen sind die Namen Balthasar, Melchior und Kaspar vermerkt. Das Matthäusevangelium spricht von Magiern oder Sterndeutern aus dem Osten und nennt weder Anzahl noch Namen. Schon früh wurden die Könige aus dem Alten Testament, die Geschenke bringen, mit diesen Sterndeutern aus dem Matthäusevangelium in Verbindung gebracht und aus den Magiern wurden Könige. Die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar sind seit Anfang des 6. Jahrhunderts schriftlich belegt.

 

 

Interessant ist auch die Darstellung der Anbetung der Magier auf dem sogenannten Isaak-Sarkophag aus dem Beginn des 5. Jahrhunderts. Die Magier gehen auf das Kind zu, das auf dem Schoß Mariens sitzt. Über Maria ist links oben der Stern zu erahnen. Die Magier tragen die Geschenke vor sich her und der mittlere dreht sich um als wolle er den letzten in der Reihe antreiben. Der Künstler stellt eine Beziehung her zwischen dem Kind und denen, die kommen, um es anzubeten. Die Hände Christi sind ausgestreckt, bereit jeden zu empfangen, der zu ihm kommt.

 

Ab dem 6. Jahrhundert entwickelte sich in der westlichen Kunst die Weihnachtsdarstellung, die bis zum Ende des Mittelalters vorherrschend blieb. Maria und Joseph sitzen sich gegenüber, zwischen ihnen ist die Krippe zu sehen und begleitet wird die Szene von Ochs und Esel.

 

 

Orientalisch-byzantinische Typen der Geburt Christi

In der östlichen Kunst bildete sich ein ikonographisch anderer Bildtypus heraus. Das Weihnachtsgeschehen wird breiter, epischer illustriert.

 

Maria wird zumeist auf einer Matratze liegend dargestellt, damit wird an antike Geburtszenentypen angeknüpft. Auch Joseph gehört immer zur Szene. Die Krippe ist häufig als Architekturgebilde gestaltet, womit der direkte Bezug zu Betlehem und dem dortigen Heiligtum gesucht wird. Wieder gehören Ochs und Esel zur Szenerie und oft ist der Stern von Betlehem sichtbar.

 

Im Gegensatz zu westlichen Darstellungen des Stalls wird in hier fast immer eine Grotte oder eine dunkle Felshöhle als Geburtsstätte Christi bevorzugt. Dies wird durch apokryphe Texte bedingt, die in der byzantinischen Kunst von jeher bei vielen Szenen Verwendung fanden. Die westliche Kirche lehnte diese Texte vermehrt ab.

 

Aus den apokryphen Texten des Protoevangelium Jacobi und des Pseudo-Matthäus-Evangeliums werden auch die beiden Hebammen Zelomi und Salome übernommen und dargestellt. Salome spielt in der östlichen Kirche auch die Rolle der „Beweisgeberin“ für die Jungfräulichkeit Mariens. Sie zweifelt nämlich an der Jungfräulichkeit Mariens und will sie daraufhin untersuchen. Zur Strafe für ihren Unglauben verdorrt ihre Hand. Ein Engel heißt ihr jedoch, den Jesusknaben zu berühren und daraufhin ist sie wieder geheilt.

Eine Elfenbeintafel der Maximianskathedra illustriert die verdorrte Hand der Salome. Der gesamte Bischofsstuhl ist mit Elfenbeinarbeiten verziert, die Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zeigen. In der Geburtsdarstellung ist oben die gemauerte Krippe zu sehen mit Josef, dem Stern und den Tieren und unten liegt Maria auf einem Kissen und Salome hält ihr ihre gelähmte Hand entgegen.

 

Das Bad des Kindes durch die Hebammen ist eine weitere häufige Szene in der byzantinischen Tradition. Sie soll die tatsächliche Menschwerdung Gottes illustrieren. Der Szene liegt jedoch kein biblischer oder apokrypher Bericht zugrunde.

 

Das byzantinische Geburtsbild Christi erfährt seine endgültige Gestaltung in nach-ikonoklastischer Zeit. Und die folgenden Elemente sind nun stets zu finden:

Die Geburtsgrotte mit der altarartigen Krippe, darauf das Kind; Ochs und Esel stehen dahinter und blicken auf das Kind; Maria, die auf einem Polster liegt oder vereinzelt neben der Krippe sitzt; Joseph, der nachdenklich neben der Krippe oder an einem Felsen angelehnt sitzt; das Bad mit ein oder zwei Hebammen; der Stern von Betlehem; lobpreisende Engel; die Verkündigung an die Hirten; manchmal noch eine Nebenszene mit der Anbetung der Magier und vereinzelt zusätzlich deren Anreise nach Betlehem.

Es handelt sich folglich um die Sammlung vieler Szenen in einem Bildwerk – ein Beispiel hierfür ist die Darstellung der Geburt Christi aus dem Menologion Basileios II. (Menologion – Heiligenkalender) aus dem 11. Jahrhundert.

 

Das Mittelalter

Die Hofkunst Karls des Großen und die ottonische Buchmalerei

Karl der Große war ein großer Mäzen, der bedeutende Künstler und Gelehrte um sich versammelte und Hofwerkstätten einrichtete. Die Künstler kannten sowohl die frühchristlich-westliche als auch die byzantinisch-östliche Tradition und schufen großartige Werke. Vor allem die Buchmalerei und die Einbandgestaltung der prachtvollen Kodizes sind herauszuheben. Das Kaisergeschlecht der Ottonen führte die Tradition der Buchmalerei fort und in dieser Zeit entstanden Manuskripte von höchstem künstlerischem Rang.

 

Die Darstellungen der Geburt Christi, der Verkündigung an die Hirten und die Anbetung durch die Magier finden sich in verschiedenen Evangeliaren.

 

Vom 7. bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts lehnt man sich noch eng an die Vorbilder an. Darauf folgt dann eine Vereinfachung und Reduzierung der Szene. Die Krippe steht im Mittelpunkt, die Köpfe von Ochs und Esel ragen darüber heraus und Joseph und Maria flankieren die Szene. Die Krippe ist meist auffallend groß gestaltet – hier sei dazu das Stichwort Bedeutungsmaßstab genannt – und ist symmetrisch in die Mitte gestellt. Der offene Stall oder die Geburtshöhle der frühchristlichen Werke ersetzt nun reiche Architektur, die oftmals an Königspaläste erinnert und Christus als den Weltenherrscher ausweisen soll.

 

 

Die Elfenbeintafeln zierten ursprünglich die beiden Deckel der kostbaren Handschrift. Jeweils in der unteren Leiste werden verschiedene Szenen der Weihnachtserzählung illustriert. Hier ein Detail:

 

 

Die ottonische Kunst führt die Ausgestaltung der Architektur größtenteils fort. Die palastartigen Bauten und die Stadtarchitekturen der karolingischen Bildwerke werden beibehalten und zum Teil noch erweitert. Der Codex Egberti zeigt Maria auf einem Thron mit dem segnenden Christus auf dem Schoß. Die Könige verneigen sich vor dem Kind. Auch hier spielt der Bedeutungsmaßstab wieder eine Rolle – die Anbetenden sind kleiner als die Heilige Familie. Vor der Größe Gottes verneigen sich die Menschen.

 

 

Ein weiteres Bild der Reichenauschule ist die sehr bekannte Verkündigung an die Hirten aus dem Perikopenbuch Heinrich II. Der übergroße Engel überbringt die Botschaft an die Hirten. Dem Segensgestus des Engels stehen die Hände der Hirten gegenüber, die andeuten, dass sie sprechen. Die Hirten im Gespräch mit dem Engel – der Illuminator wollte wohl visualisieren, dass die Botschaft des Engels so unglaublich war, dass die Hirten nachfragen mussten. Welch eine beruhigende Vorstellung, dass auch die ersten Hörer der frohen Botschaft erst einmal staunend über das Gesagte nachdenken mussten.

Es sei hier nur kurz angemerkt, dass man Werke der Reichenauschule immer an der Umrandung der Bildseiten mit den goldenen Rauten in einem roten oder schwarzen Rand erkennt.

 

 

Romanische und gotische Malerei

 

Die romanische Kunst fügt dem Geburtsbild weitere Motive hinzu. Die Menschwerdung Gottes soll visuell verdeutlicht werden. So wird das Kind oft sehr groß dargestellt und mit seiner Rechten vollführt es den Segensgestus. Vor allem aber wird in der romanischen Kunst eine Betonung auf die Darstellung der Beziehung zwischen Gottesmutter und Kind gelegt.

Manchmal wenden sich beide einander zu, andere Bilder zeigen die Beziehung durch Berühren oder Maria hebt das Tuch an, welches das Kind bedeckt, um es zu betrachten. Ab dem 13. Jahrhundert wird diese Verbindung gesteigert indem Maria das Kind nun in ihren Armen hält und die Krippe leer abgebildet ist. Anfangs bleibt die Krippe leer, doch seit dem Ausgang des 14. Jahrhunderts wird sie oft ganz realistisch als leerer oder mit Heu gefüllter Futtertrog dargestellt.

 

Während im deutschen Raum die Tafelmalerei vorherrschte, wurden in Italien die Wände der Kirchen mit Fresken verziert. In der Scrovegni-Kapelle in Padua schuf Giotto in den Jahren 1304 bis 1306 sein Hauptwerk. Über 100 Szenen aus dem Leben Jesu und dem Leben Mariens schmücken die Kapelle.

 

 

Die Anbetung der Könige stellt in typischer Manier drei verschieden alte Könige dar – einen jungen, einen mittelalten und einen alten. Schon früh wollten die Künstler ausdrücken, dass Menschen allen Alters eingeladen sind, das Kind anzubeten. Interessant ist auch die Form des Sterns – ein Komet. Zusammen mit dem Teppich von Bayeux ist das Fresko aus Padua die früheste Darstellung des Halleyschen Kometen. Im Jahre 1301 war er in Italien gut sichtbar und Giotto hat ihn in den blauen Himmel gesetzt. Die uns bekannte Form des Sternes von Betlehem leitet sich also von diesem Fresko ab. Die reiche Verwendung der blauen Farbe deutet darauf hin, dass die Familie der Scrovegni sehr viel Geld in die Ausgestaltung ihrer Familienkapelle investierte. Um die Farbe Blau herzustellen, benötigte man pulverisierten Lapislazuli – einen Stein, der importiert werden musste und sehr teuer war. Das Blau trägt als Farbbezeichnung den Begriff „Ultramarin“ was auf die Herkunft des Lapislazuli „von Übersee – über dem Meer“ herrührt (lat. ultra – über; maris – Meer).

 

In einigen Weihnachtsbildern des 13.-15. Jahrhunderts stillt Maria das Kind. Dies darf jedoch nicht einfach als genremäßige Bereicherung verstanden werden, sondern für den mittelalterlichen Betrachter verbinden sich damit andere Vorstellungsinhalte. So wird Maria als die Bringerin des Heils verstanden. Sie nährt das Kind, den Retter, den Messias.

 

Seit der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts machen sich vermehrt Genremotive im Weihnachtsbild bemerkbar. Joseph, der früher meist nachdenklich am Bildrand saß, ist nun oft handelnd zu sehen. Der Stall von Betlehem wird zur Wochenstube, wo Joseph mit der Zubereitung des Bades beschäftigt ist. Beliebt ist auch, Joseph bei der Zubereitung von Speisen zu zeigen.

 

 

Diesem Typus entspricht die Darstellung des Soester Altares von Konrad von Soest. Maria liegt im Wochenbett und Joseph macht über dem Feuer das Essen warm, der leere Teller mit dem Löffel steht links schon bereit.

 

Ein anderes Genremotiv mancher spätgotischer Weihnachtsbilder zeigt Joseph, der sich seine Hosen auszieht, um das nackte Kind zu bedecken.

 

Es ist festzuhalten, dass vor allem in der Gotik das Weihnachtsbild als Andachtsbild zu verstehen ist. Die Ausgestaltung von Nebenszenen ist dabei kein Wiederspruch, denn durch sie war es dem mittelalterlichen Betrachter möglich, sich genau in das Geschehen zu vertiefen. Szenen, die sich tatsächlich in Wochenstuben abspielten, mussten also auch abgebildet werden, um das Geschehen greifbar zu machen. Gott wurde Mensch – ganz und gar. Man kann diese Genreszenen also nicht einfach als Profanisierung abtun.

 

Stephan Lochner ist der bedeutendste Maler der Kölner Schule und ein Hauptvertreter des sogenannten Weichen Stils, der dafür bekannt ist, dass die Gewänder fließend gestaltet werden und die Personen einen zarten Ausdruck besitzen. Wir sehen in Stephan Lochners Werk Maria, die ihren Sohn anbetet. Im Hintergrund kommen die Hirten herbei, geführt von einem Engel. Der Künstler zieht bewusst eine Verbindung des Weihnachtsgeschehens mit der Eucharistie – das Tuch, auf dem das Jesuskind liegt, ist ein Corporale, ein Tuch für den Altar, auf das Patene und Kelch während der Eucharistiefeier gestellt werden.

 

 

Rogier van der Weyden ist ein großartiger Meister seiner Zeit. Nicht nur seine Fähigkeit Stoffe und Materialien, Architektur und Landschaft abzubilden sind außergewöhnlich. Auch lohnt es sich, in all seinen Werken nach seinen Gedanken und Interpretationen der dargestellten Szenen zu spüren. Auf der Mitteltafel des Columba-Altares ist an einem Pfeiler der Krippenarchitektur ein Kruzifix zu sehen. Der Künstler stellt klar, dass ohne die Menschwerdung Gottes die Erlösung nicht möglich gewesen wäre – die Erlösung durch den Kreuzestod Christi.

 

Renaissance

Es zeigt sich ab der Mitte des 15. Jahrhunderts immer mehr, dass eine strenge Scheidung nach Typen nicht mehr durchführbar ist. Man kann aber sagen, dass die Szene der Anbetung des Kindes in verschiedensten Formen die dominante Darstellungsform ist – der sogenannte „Anbetungstypus“.

 

Die Anbetung des Christuskindes erfolgt durch Maria, durch die Hirten, durch Heilige oder oft sogar durch zeitgenössische Auftraggeber.

 

Den Künstlern ging es nicht mehr darum, das in den Evangelien berichtete Geschehen zu malen. Sie wollten vielmehr die Gläubigen dazu animieren, sich in das Weihnachtsgeschehen zu versenken und die Bedeutung dessen, dass Gott Mensch wird, für sich selbst zu bedenken.

 

Wenn wir heute mit den Augen der Betrachter der damaligen Zeit auf die Werke schauen wollten, dann würden sie uns zum Gebet rufen und zur Frage, was das Weihnachtsereignis ganz konkret für uns persönlich bedeuten könnte. Man nennt diese Form der Darstellung Andachtsbild – also ein Kunstwerk, das zur persönlichen Andacht einlädt.

 

Es ist zu betonen, dass nicht mehr einfach von generellen Strömungen gesprochen werden kann. Die Künstler sind in ihrem Schaffen so individuell, dass zwar gleiche Themen abgebildet werden, der je eigene Ausdruck und die je eigene Kunstfertigkeit aber völlig verschiedene Werke generieren. Daher soll es nun um einige ausgewählte Künstler gehen.

 

Begeben wir uns ins Florenz des späten 15. Jahrhunderts. Andachtsbilder werden nun nicht mehr nur für Kirchenräume geschaffen, sondern vermehrt auch von privaten Mäzenen bei den großen Künstlern der Zeit in Auftrag gegeben.

 

Die Familie Medici beauftragte Fra Filippo Lippi für die Familienkapelle in ihrem Palazzo ein Bild zu malen, das die Anbetung des Christuskindes thematisiert. Heute wird in der Capella dei Magi im Palazzo Medici Riccardi eine Kopie des Werkes präsentiert und das Original ist in Berlin zu sehen.

 

 

Interessant ist, dass Fra Filippo Lippi in die Anbetung des Kindes nun den Johannesknaben, den betenden Bernhard von Clairvaux sowie Gott Vater und den Heiligen Geist aufnimmt. Eben dies sind die erwähnten Veränderungen weg vom narrativen Darstellen des Weihnachtsgeschehens hin zum Andachtsbild. Mit Johannes und dem Betenden dürfen sich auch die Betrachter in die Szene hinein versenken.

 

Die Familienkapelle im Palazzo diente nicht nur als Gottesdienstraum, sondern wurde auch zum Empfang von hochgestellten Persönlichkeiten genutzt. In den Jahren 1459 bis 1462 wurde sie von Benozzo Gozzoli ausfreskiert. Die Fresken auf den drei Seitenwänden der Kapelle stellen den Zug der Heiligen Drei Könige dar, die auf das zentrale Anbetungsbild von Fra Filippo Lippi bezogen sind. Diese Fresken schildern den Zug in farbenfrohem Detailreichtum. Die drei folgenden Bilder zeigen jeweils Ausschnitte bzw. Ganzansichten des Zuges des jungen, mittelalten und alten Königs. An den Stellen, die in den Bildern braun erscheinen, befinden sich Fenster, Türen oder Pfeiler.

 

 

Der Künstler Benozzo Gozzoli malte nicht nur sich selbst als Einen im Gefolge der Könige, auch seine Auftraggeber sind abgebildet. Gozzolis Darstellung eines farbenprächtigen Zuges ist kein reines Phantasieprodukt. Die Familie Medici veranstaltete mehrfach Umzüge in reicher Kostümierung anlässlich von Heiligenfesten oder dem Weihnachtsfest.

 

Im jüngsten König erkennen wir Lorenzo de Medici, der später der „Lorenzo il Magnifico“ – Lorenzo der Prächtige – genannt wurde. Der mittelalte König kann als König Johannes VIII. Palaiologos von Byzanz identifiziert werden und der alte König schließlich als der Josephus, Patriarch von Konstantinopel.

 

 

Domenico Ghirlandaio schuf sein Altarbild Anbetung der Hirten für die Kapelle des Ehepaares Sassetti in der Kirche Santa Trinità in Florenz. Die Fresken an den Wänden thematisieren das Leben des Heiligen Franziskus, der als erster eine lebendige Krippe aufstellte, um das Weihnachtsereignis zu meditieren.

 

Das Kind liegt vor auf dem Boden vor einem antiken römischen Sarkophag, der als Krippe für die Tiere dient. Maria schaut auf ihren Sohn, während Josef den Blick auf den langen Zug derer richtet, die kommen, um das Kind zu sehen. Die drei Hirten am rechten Bildrand tragen individuelle Züge und demjenigen, der mit seinem Zeigefinger auf Christus weist, hat der Künstler seine eigenen Gesichtszüge gegeben.

 

 

Auch in der Anbetung der Könige von Sandro Botticelli begegnen uns reale Personen der Zeit. Guaspare di Zanobi del Lama, ein Bankier, ließ es für seine heute zerstörte Kapelle in der Kirche Santa Maria Novella in Florenz malen. Einige Mitglieder der Familie Medici, mit denen er engen Kontakt hatte, sind ebenso wie er abgebildet. Der Bankier ist der alte Mann mit weißem Haar auf der rechten Seite. Er trägt ein leuchtend blaues Gewand und hat seine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger zur Brust erhoben.

 

Hinter der im Vordergrund dargestellten noblen Gesellschaft der Könige scheint die in einem ruinösen Stall erhöht positionierte Heilige Familie zurückzustehen. Bedenkt man jedoch, dass das Altarbild so gehängt war, dass die in der Kapelle im Gottesdienst anwesenden während der Elevation nach oben sahen, dann war über der erhobenen Hostie oder dem erhobenen Kelch das Kind im Blick. Wiederum die Verbindung von Weihnachtsgeschehen und Eucharistie.

 

Zu den größten Künstlern der Renaissance nördlich der Alpen zählt zweifelsohne Albrecht Dürer. Er war Maler, Graphiker und Autor kunsttheoretischer Schriften. Das Thema der Geburt Christi hat Dürer immer wieder aufgegriffen. Friedrich der Weise von Sachsen ließ Dürer einen Altar für seine Schlosskirche in Wittenberg malen, dessen zentrale Tafel die Anbetung der Könige darstellt.

 

 

Seine Freude an der Darstellung der prächtigen Gewänder ist deutlich ablesbar. Mehr noch als in der Malerei überzeugt Dürer als Kupferstecher.

 

 

Der Künstler hat die Architektur perfekt perspektivisch abgebildet. In einem Raum auf der linken Seite betet Maria das Kind an und Josef schöpft derweil Wasser aus einem Brunnen im Hof. Dürer knüpft damit an mittelalterliche Traditionen an, die Genreszenen in die Weihnachtsbilder einführten.

 

Auch Hans Baldung Grien war wie Dürer Maler, Zeichner und Kupferstecher und ihn faszinierte das Weihnachtsthema ebenso. Seine Anbetung des Kindes ist ein ganz besonderes Werk.

 

 

Das Gemälde dominiert in der Mitte ein dunkler Pfeiler. Auf der rechten Seite sind Josef, Maria, das Christuskind und mehrere Engel zu sehen. Über Maria öffnet sich ein Rundbogen und man kann auf die Szene der Verkündigung an die Hirten auf dem Felde blicken. Links des Pfeilers betrachten Ochs und Esel die Szene. Vom Kind geht ein geheimnisvolles Licht aus und Baldung Grien will damit das Wunder der Heiligen Nacht visualisieren.

 

Barock und Neuzeit

Auch für die Zeit des Barock gilt, dass die Künstlerpersönlichkeiten so unterschiedliche Werke schaffen, dass kaum generelle Merkmale zu benennen sind. Ein wesentliches Thema in der Malerei des Barock war das Licht – die Darstellung von hellen und dunklen Partien und die Frage der Lichtquelle.

 

In den Werken, die das Weihnachtsgeschehen abbilden fällt auf, dass das Jesuskind sehr häufig mit Licht umgeben oder gar als die Quelle des Lichts abgebildet wird. Vereinzelt wird das Erscheinen Gottvaters, der das Licht auf seinen Sohn leuchten lässt, dargestellt. Die oben schon beschriebenen narrativen Nebenszenen wie die Verkündigung an die Hirten, die Ankunft der Hirten, der Chor der Engel, die Anbetung der Magier kommen weiterhin vor. Jedoch sind kaum noch „Sammelbilder“ gestaltet worden, die die Szenen kombinierten. Bei Altären werden diese Szenen in einzelnen Tafeln dargestellt, für die private Andacht herrschen die Anbetungsbilder bei Weitem vor.

 

Auch im Barock steht weiterhin der Anbetungstypus im Zentrum und die Künstler operieren mit Licht und Dunkel um die Wirkung der Szene auf den Betrachter zu steigern.

 

Im Bild der Geburt Christi von Peter Paul Rubens von 1604/05 ist die hellste Stelle des Bildes das Kind in der Krippe. Von ihm geht das Licht aus, welches die um das Kind herum gruppierten Personen beleuchtet. Rechts ist Maria, links Joseph und dahinter Hirten und eine Magd zu sehen. Von oben blicken Engel herab. Der Raum, in dem die Szene spielt, bleibt im Dunkel.

 

 

Während seines Aufenthaltes in Messina erhielt Caravaggio den Auftrag, eine Geburtsszene für die Kapuzinerkirche Santa Maria degli Angeli zu malen. Die franziskanische Einfachheit spiegelt sich in seinem Gemälde – ein einfacher Stall, eine einfache Futterkrippe und Stroh auf dem Fußboden. Josef tritt uns als Handwerker entgegen, der seine Werkzeuge auf dem Boden links im Vordergrund abgelegt hat. Auch die Hirten sind als ganz einfache Leute dargestellt. Caravaggio hat seinen Auftrag, ein Werk für den Kapuzinerorden zu malen, verstanden – Gott kommt als Mensch zur Welt und zwar als ein Armer. Interessant ist allerdings, dass urkundlich die Summe belegt ist, die Caravaggio für dieses Gemälde erhalten hat. Die 1000 Scudi sind die höchste Entlohnung, die Caravaggio in seinem gesamten Schaffen erhielt.

 

 

Der niederländische Maler Gerrit van Honthorst war ein Anhänger Caravaggios. Ihn faszinierte die Art, wie der italienische Meister das Licht behandelte. Seine Anbetung der Hirten zeigt uns eine Gruppe von Menschen mit sehr ausdrucksstarken Gesichtern, die um das strahlende Kind versammelt sind. Das Jesuskind liegt auf einem großen weißen Tuch. In der Ikonographie wird damit das Leichentuch Christi verbunden. Es wird hier also bereits bei der Geburt auf den Kreuzestod verwiesen.

 

 

Bei Rembrandts Darstellung von 1646 ist die Krippe mit dem Kind als Quelle des Lichtes noch dominanter. Rembrandt hat Maria und Josef eindrucksvoll dargestellt, wie sie auf das Kind blicken – gemeinsam mit zwei Hirten, die links ganz nahe an der Krippe knien. Im Hintergrund sind weitere Hirten abgebildet.

Christus, das Licht der Welt, kommt als Kind zu den Menschen.

 

 

Im 18. Jahrhundert beschäftigen sich vor allem die venezianische und die süddeutsche Malerei mit dem Thema. Die Anbetung der Hirten herrscht vor. Das 19. Jahrhundert zeichnet sich vor allem durch sehr romantisierende Darstellungen der Geburt Christi aus. Der Hang zum Kitsch ist oftmals nicht zu verkennen.

 

In der modernen bildenden Kunst tritt die Ikonographie der Geburt Christi hinter andere Themen zurück. So ist zumeist die Passion dargestellt. Nur in Zyklen über das Leben Christi finden sich Weihnachtsbilder.

 

Auf zwei Gebieten bleibt jedoch die ikonographische Tradition bis heute sehr lebendig, zum einen in der Bibelillustration zum anderen aber vor allem durch die Krippen der Volkskunst.

 

 

Text: Sr. Astrid Meinert

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